Gau Passau
Dieser Artikel ist erschienen im Rhaeten-Herold Nr. 603-S. 13-14

05.10.2019 - Gautag mit Kirchenführung besonderer Art

Treffen der Passauer Rhaeten in Asbach bei Bad Griesbach am 5. Oktober 2019

„Gratia supponit naturam“ („Die Gnade setzt die Natur voraus“) soll Thomas von Aquin gesagt haben. Die Denkfigur, die dieser Äußerung zugrunde liegt, lässt sich, wie jeder weiß, auch auf die Kunst übertragen, denn auch sie - besonders wenn sie mit Architektur zu tun hat - braucht ja eine verlässliche stoffliche Basis, um sich manifestieren zu können. Dass es schwierig sein kann, diese Basis zu erhalten bzw. wiederherzustellen, wurde bei diesem Gautag besonders deutlich:
Bbr. Günter Albrecht hatte nämlich seinen Amtsnachfolger, Leitenden Baudirektor Norbert Sterl, dafür gewonnen, uns Einblick in die schwierige und langwierige Restauration der früheren Klosterkirche Asbach im Rottal zu geben, die zeitlich und stilistisch im Übergang vom Spätbarock zum Klassizismus angesiedelt ist. Aus vielfältigen Blickwinkeln wurde uns aufgezeigt, welcher Aufwand an Fachwissen, laufend gemachten Erfahrungen und konkreten Maßnahmen nötig ist, um der fortschreitenden Gefährdung eines solchen Gebäudes zu steuern, ursprüngliche Gegebenheiten ausfindig zu machen und wiederherzustellen und so dem künstlerischen Ausdruck des Bauwerks wieder eine gesicherte Basis zu verschaffen.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist natürlich die Finanzierung. Herr Sterl umriss in diesem Zusammenhang kurz die historisch gewordene Situation: Mit der Säkularisation von 1803 kam das Gotteshaus in Staatsbesitz. Später zeigte sich der Staat geneigt, die Kirchen wieder an die ursprünglichen Träger zurückzugeben. Diese konnten sich aber darauf berufen, dass sie im Zusammenhang mit der Säkularisierung auch schwere wirtschaftliche Einbußen erlitten hätten und deshalb die laufende Finanzierung der Kirchenbauten nicht mehr leisten könnten. Verhandlungen zwischen Staat und Kirche seien dann in den letzten Jahren darauf hinausgelaufen, dass der Staat grundsätzlich für das Äußere und die weißen Innenflächen zuständig ist, für alles aber, bei dem Farbe eine Rolle spielt, also für bildliche und liturgische Ausstattung, die Kirche aufkommt. Von diesem Kirchenanteil entfallen wiederum, je nach finanzieller Leistungsfähigkeit, bis zu 35 % auf die betreffende Pfarrei. Es hat sich, so Herr Sterl, herausgestellt, dass gerade die Aushandlung dieses Anteils eine Kirchensanierung verzögern kann.

Ein besonderes Problem bestand im Falle Asbach darin, dass sowohl eine Außen - als auch eine Innensanierung notwendig war. Das Problem beschränkte sich aber nicht nur auf die Behebung der vorliegenden beträchtlichen Schäden, sondern umfasste auch die Rücksichtnahme auf medizinische Erkenntnisse und auf Vorgaben des Denkmalschutzes. So stellte sich heraus, dass im Dachstuhl ein gesundheitsschädliches Konservierungsmittel verwendet worden war, so dass die Sanierungsarbeiten sofort nach Beginn wieder gestoppt werden mussten und möglichen gesundheitlichen Schäden für die Handwerker entgegenzuwirken war (Betreten des Dachstuhls durch eine Schleuse und nur mit Schutzanzug und Mundschutz). In einem anderen Fall gerieten die für die Sanierungsarbeiten Verantwortlichen sogar zwischen zwei Feuer: Einerseits stellte sich heraus, dass die Stuhllehnen in der Kirche gleichfalls mit einem gesundheitsschädlichen Mittel behandelt worden waren, andererseits widersetzte sich das Landesamt für Denkmalpflege einem Ersatz der originalen barocken Lehnen durch neue. Auf der Suche nach Möglichkeiten, die vorhandene Belastung zu verringern, glaubt man nun eine Methode gefunden zu haben, diese unter den erlaubten Grenzwert zu drücken, aber die Diözese ist nicht Willens, ihrerseits den Nachweis der Wirksamkeit dieses Verfahrens zu finanzieren. So muss sich die Pfarrei weiterhin mit vorläufig verwendeten Ersatzstühlen begnügen.

Bei der Außensanierung wurde nun aber zusätzlich ein historischer Aspekt aktuell: Der seit vielen Jahrzehnten gegebene Augenschein ließ vermuten, dass man die Westfassade wegen besonders starker Beanspruchung steinsichtíg geplant hatte, bei Untersuchungen seitens der Dombauhütte Passau fand man aber in den Fugen Putzreste, was zu der Erkenntnis führte, dass auch die Westseite ursprünglich Putz trug, dieser aber im Lauf des 19. Jahrhunderts abgeschlagen wurde. So stellte sich im Rahmen der Außensanierung eine weitere Aufgabe: die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Die gleichfalls notwendige Innensanierung setzte eine Sanierung des Dachraums voraus: Scheitelrisse im Gewölbe hatten sich besonders im großen Deckengemälde bemerkbar gemacht; man musste also das Gewölbe durch entsprechende technische Vorkehrungen sowohl im Langhaus als auch im Chor erst wieder zusammenspannen. Auf ähnliche Weise war die leichte Loslösung des Westgiebels vom Gewölbe und dessen dadurch bedingte Neigung nach außen zu bewältigen.

Bei der eigentlichen Innensanierung standen zwei Arten von Schäden im Vordergrund:
Schimmelbefall an den Fresken und Schäden an den Skulpturen wie Abblättern und Blasenbildung. Der Innenraum der Kirche von Asbach hat aber auch einen Vorzug: Seine weißen Flächen zeigen noch die originale Fassung des 17. Jahrhunderts. Die unteren etwa drei Meter haben allerdings durch aus dem Boden aufsteigende Feuchtigkeit gelitten und die Reinigung der Flächen kostete „unglaublich viel Zeit“ (Norbert Sterl), was wegen des eingebauten Gerüsts für die Pfarrgemeinde vier Jahre lang eine lästige Störung bedeutete.

Ähnlich wie bei der Fassade stellt sich auch beim Innenraum eine kunsthistorische Frage: Beim großen Deckengemälde hat man auf die im Barock übliche Stuckumrahmung verzichtet und diese durch eine entsprechende Bemalung ersetzt, während die Ausstattung der Kirche noch barocken Geist atmet. Es stellt sich nun die Frage: Ist die andersartige Lösung der Umrahmung des Deckengemäldes einem wirklichen Wandel des Stilwillens zuzuschreiben oder diente sie nur der
Einsparung von Kosten? Eine Konsequenz für die Restaurierung entfällt natürlich in diesem Fall.

Zum Schluss trug Herr Sterl auch noch den Erwartungen an eine konventionelle Kirchenführung Rechnung und verwies dabei vor allem auf interessante Inhalte und auch Ausdrucksformen von Deckengemälden und Altarbildern.
Zum Mittagessen erwartete die Rhaeten das stattliche Golfhotel Gutshof Sagmühle, wo nicht nur das gastronomische Angebot, sondern auch die äußeren Umstände stimmten: Eine lange Tafel sorgte für die Geschlossenheit der Runde und wirkte sich sehr gesprächsfördernd aus.
Der Nachmittag brachte gewissermaßen eine Fortsetzung des vorausgehenden Gautags in Altötting: War es dort ein Besuch bei der Patrona Bavariae, so galt nun ein Abstecher zum benachbarten Parzham dem hl. Bruder Konrad, dem „Sohn unserer Heimat“, wie es in einem Lied von ihm heißt. Wallfahrtsbetreuer August Dunkl führte kundig in Herkunft und Leben des Heiligen ein, unterstützt von einem eindrucksvollen Film, der die fast erschreckende Konsequenz dieses Lebens aufzeigte, eine Konsequenz freilich, deren Gottgefälligkeit in der Folgezeit durch wunderbare Geschehnisse bezeugt wurde. Der im Zustand seiner Entstehungszeit erhaltene Heimathof
Bruder Konrads wurde aufmerksam besichtigt, hat er doch abgesehen von seiner Bedeutung als Heimat eines Heiligen einen hohen volkskundlichen Rang.

Der Gautag endete mit einer Kaffeestunde im benachbarten Brotzeitstüberl, wo der Philistersenior in seinen abschließenden Worten die Wahl der angesteuerten Gautagsziele als ausgezeichnete Idee würdigte und weitere gute Ideen für das nächste Jahr verkünden konnte: Die Gautage von 2020 sollen der alten Hauptstadt Bayerns, Regensburg, und - anlässlich seines 10. Todestages - Bbr. Erich Horndasch gelten, dessen Werke ja an vielen Orten präsent sind, von denen man einen auswählen werde.

Bb. Franz Salzinger