Gau Passau
Dieser Artikel ist erschienen im Rhaeten-Herold Nr. 537-S. 17
Gautag in 1000 Meter Höhe
Passauer Rhaeten besuchen die Sendeanlage auf dem Brotjackelriegel/Bayerischer Wald
Ungewöhnlich war nicht nur das Ziel des Passauer Gautags vom 26. September 2008, ungewohnt auch der gewählte Wochentag: Aufgrund einer Vorgabe der Senderverwaltung wurde statt des üblichen Samstagstermins ein Freitag gewählt. Das engte naturgemäß den Teilnehmerkreis ein wenig ein; der Gauobmann erinnert sich aber nicht, bei einem solchen Treffen je so viele Zuhörerfragen erlebt zu haben wie bei diesem. Intensives Interesse machte also die etwas unterdurchschnittliche Teilnehmerzahl (insgesamt 23) wett. Was die Besichtigung selbst betrifft, so wäre natürlich Bb. Dr. Helmut Liebl, der sie uns zusammen mit seiner verehrten Gattin dankenswerterweise vermittelt hat, der weit kompetentere Berichterstatter, ist er doch selbst Physiker. Der Schreiber dieser Zeilen wird also angesichts seiner sehr laienhaften Voraussetzungen dem fachspezifischen Glatteis möglichst fernzubleiben suchen.
Der Weg auf den Brotjacklriegel (1016 m) konnte weitgehend mit dem Auto bewältigt werden; ein abschließender Aufstieg von ca. 20 Minuten war da nur willkommen. An der Sendeanlage empfing uns Herr Maiß, der mit sechs Kollegen die Einrichtung im Schichtdienst betreut. Seine Führung begann nicht sendetechnisch, sondern sozusagen philologisch: Er ging zunächst kurz auf gängige Deutungen des seltsamen Bergnamens ein. Die Rede war von einer möglichen volksetymologischen Umdeutung einer nicht mehr verstandenen Bezeichnung und von einer Sage aus der Schwedenzeit, in der Brot eine Rolle spielt. Der Gauobmann konnte dazu beitragen, dass er sich im Vorfeld des Treffens an ein Namenkundeteam der Universität Regensburg gewandt hat in der Hoffnung, hier den aktuellen Deutungsstand zu erfahren. Der Bescheid war aber ernüchternd: Es gebe keine fundierte wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema; gängige volkstümliche Erklärungen seien mit Vorsicht zu genießen.
Bei Herrn Maiß folgten nun einige Zahlen: Das alte Sendegebäude wurde 1951 für UKW-Sendungen errichtet. Mit Einsetzen des Fernsehzeitalters begann man mit dem Bau einer neuen Sendeanlage, deren Turm zu einer Höhe von 126 m emporwuchs. Sie nahm 1960 ihren Betrieb auf.
Im Sendegebäude selbst führte uns Herr Maiß durch die verschiedenen Bereiche:
Die unterste Ebene dient der Energieversorgung. Um möglichem Stromausfall Rechnung zu tragen, wurde in den 70er Jahren eine Notstromanlage in Gestalt eines Dieselaggregats angeschafft, das im Notfall automatisch und fast unterbrechungsfrei seinen Dienst aufnehmen kann. Man greift übrigens auch bei Gewittern manchmal darauf zurück, um den Betrieb vor Störungen zu schützen, die in solchen Fällen vom offenen Energienetz her drohen. Bei aller Automatisierung ist gerade in der-. artigen Situationen die Anwesenheit eines Menschen günstig, der bei Zwischenfällen sofort eingreifen kann. Bezüglich der Personensicherheit konnte Herr Maiß einen Frager beruhigen: Die Arbeitsplätze bieten Schutz, da sie nach Art eines Faradayschen Käfigs funktionieren; ja der Sender selbst wirke wie ein solcher.
Nach dem Aufstieg in den eigentlichen Sendebereich erfuhr die Gruppe, dass der Sender nicht nur die bayerischen Rundfunk- und Fernsehprogramme ausstrahlt, sondern diesen Dienst auch Privatsendern und anderen Institutionen, wie z.B. dem Bundesgrenzschutz, leistet.
Neben dem analogen ist auch schon das digitale Fernsehen vertreten. Der Sender ist aber - so die Antwort auf eine Frage - nur für den terrestrischen Empfang zuständig; der Kabelempfang ist Sache von Kabel Deutschland, der Satellitenempfang die von privaten Anbietern.
In einem ersten Raum werden Qualitätsverluste ausgeglichen und die Signale so verstärkt, dass sie ins Land verbreitet werden können. In dieser Form werden sie dann in den eigentlichen Senderaum weitergegeben. Die Abstrahlung von TV-Sendungen erfolgt dann in einem weiteren, kleineren Raum, dem Fernsehsendesaal.
Die Führung endete im Überwachungsraum, in dem auf einer Monitorwand sämtliche Programme verfolgt werden können. Die Rhaetengruppe traf hier Herrn Rodringer an, dessen einsamer Wochenenddienst um diese Zeit begann. Wer hier arbeitet, ist nicht nur für den Sender Brotjacklriegel, sondern auch für dessen Peripherieanlagen, z.B. in Passau oder Deggendorf, allein verantwortlich, und er muss z.B. auch reagieren, wenn besondere Ereignisse, z.B. eine Wahl, Programmänderungen bedingen.
Besonders viele Fragen galten abschließend möglichen Problemen im Zwischenfeld zwischen Mensch und Technik. Da war etwa die Frage der Spannung zwischen technischer Wünschbarkeit und finanzieller Möglichkeit. Auch hier gab Herr Maiß eine beruhigende Auskunft: „Wenn wir etwas dringend brauchen, bekommen wir es." Auf eine entsprechende Frage hin gestand er Kompetenzgrenzen ein: Natürlich können nicht alle anfallenden Reparaturen vom Sendepersonal ausgeführt werden; manchmal ist man auf spezielle Fachleute angewiesen. Unvermeidlich war auch die Frage nach der gesundheitlichen Gefährdung, die von der Abstrahlung einer so gewaltigen Sendeleistung ausgehen könnte. Hier betonte der Führer, dass es strenge Schutzbestimmungen gebe und diese genau eingehalten würden. Im Übrigen sei es auf diesem Feld nicht leicht, zwischen tatsächlich physikalisch verursachten und psychisch induzierten - um nicht zu sagen: eingebildeten - Schäden zu unterscheiden. Es folgten anschauliche Beispiele über¬ ängstlichen, realitätsfernen Verhaltens, wie Herr Maiß es überhaupt verstand, seine Darbietung durch willkommene Erzählelemente aufzulockern. Dies galt besonders für den Schluss der Führung, wo er die Ausnahmesituation schilderte, in die das Personal durch den Katastrophenschneefall 2005/2006 geriet.
Nun blieb zwar keine Zeit mehr, auch noch den Aussichtsturm des Brotjacklriegelgipfels zu besteigen; aber es war für Ersatz gesorgt: Bevor man sich ins Tal zum Gasthof Ranzinger in Langfurth begab, lud das Ehepaar Dr. Liebl noch zu einem kleinen Umtrunk in sein nahegelegenes Sommerdomizil, von dem aus man einen grandiosen Blick hinunter auf den Lallinger Winkel und auf die gegenüberliegenden Berge genießt.
Die relativ kleine Rhaetenschar füllte den vorgesehenen Raum im Gasthaus Ranzinger nur recht locker, der Gemütlichkeit der Abschlussrunde tat das aber keinen Eintrag.
Bb. Franz Salzinger