Gau Passau
Dieser Artikel ist erschienen im Rhaeten-Herold Nr. 511/512-S. 18
Gautag im bayerischen Wald
Treffen der Gaue Passau und Donau/Naab am 15. Mai 2004 in Gotteszell und Zottling
Nicht zum ersten Mal hat der Gau Passau ein Vorwaldkloster als kulturellen Zielpunkt eines Treffens gewählt. War es vor drei Jahren die Abtei Windberg bei Bogen, so diesmal die Kirche des ehemaligen Zisterzienserklosters Gotteszell nördlich von Deggendorf.
Zur geographischen Gemeinsamkeit beider Klöster gesellt sich naheliegenderweise eine materielle: Beide waren im Laufe ihres Bestehens nicht mit allzu viel Glücksgütern gesegnet. Im Fall Gotteszell haben dabei zwei Brandkatastrophen in den Jahren 1629 bzw. 1830 zusätzlich eine unheilvolle Rolle gespielt, von der Säkularisation, die beiden Klöstern widerfahren ist, einmal ganz abgesehen.
Eine Zerstörung im 17. Jahrhundert wäre bei einem reicheren Kloster sicher der Anlass gewesen, auf dem Platz der Vorgängerkirche eine „moderne" Barockkirche aus einem Guss zu errichten. So etwas verbot sich natürlich im Fall Gotteszell; und so kam es beim Wiederaufbau zu einem Ergebnis, das der Kirchenführer so beschreibt: „Romanisch der Grundriss und das Kirchenbauschema; gotisch zum Teil die äußere Gestaltung, Chorfenster und Gewölbe; Barock und Rokoko in der Innenausstattung reich gemischt." Aber wir wissen ja: Solche Stilmischungen können zu durchaus erfreulichen und auch in sich geschlossenen Ergebnissen führen, vor allem wenn ein beherrschender Akzent seine Wirkung tut - wie eben in Gotteszell.
Schon beim Betreten der Kirche zieht der stattliche barocke Hochaltar mit dem ihn überwölbenden Apsis-Kuppelfresko „Maria Himmelfahrt" von Cosmas Damian Asam den Blick des Besuchers auf sich. Der zweite Blick offenbart ihm, dass hier die Malerei in geradezu raffinierter Weise die Altararchitektur nach oben fortsetzt und sie optisch in den über-weltlichen Raum hinein zu öffnen scheint, in dem sich das heilige Geschehen in typisch barocker Bewegtheit entfaltet. Es ist freilich keineswegs selbst-verständlich, dass uns heute dieser großartige Anblick beschert ist, denn - abgesehen von den brandbedingten Schäden und der nachfolgenden Übertünchungen - litt das Fresko auch unter den Folgen einer unsachgemäßen Restaurierung im Jahr 1973. Eine zweite Restaurierung in den letzten Jahren stand unter einem besseren Stern: Ausgezeichnete Fachkräfte, vor allem Diplomrestauratorin Angelika Porst aus Gröbenzell und Künstler Hermenegild Paiker aus Augsburg schufen - auf der Basis schwierigster Vorarbeit - Asams Werk teilweise geradezu neu. Eine wichtige Rolle bei diesem Unternehmen spielte auch das Staatliche Landbauamt Passau unter seinem Leiter Bb. Günter Albrecht, dem wir die Anregung zu dieser Besichtigung und ihre Vermittlung verdanken.
Ein zusätzliches Motiv für die Instandsetzung und Vervollständigung des Kuppelfreskos war übrigens die Tatsache, dass im Jahre 1999 durch die Orgelbaufirma Thomas Jann/Allkofen eine von Prof. Günther Knauzinger konzipierte imposante Orgel aufgestellt worden war, die bereits einen hohen Bekanntheitsgrad genießt und nach Meinung der Fachleute einen räumlichen Gegenpol brauchte.
Wenigstens eine der Köstlichkeiten dieser Kirche sei noch erwähnt: Der Schalldeckel der Kanzel ist als Standplatz nicht nur Heiligen vorbehalten - nein, hier hat sich auch ein Hund postiert. Seine Anwesenheit wird noch durch ein Schriftband unterstrichen, das verkündet: „Canis latrator strenuus." Ein „tüchtiger Beller" ist er also, der Hund, was ihn wohl als Symbol für einen ebenso tüchtigen Prediger ausweist, der durch sein „Bellen" die schlafenden Christen aufweckt.
Für den, der am 15. Mai zeitlich etwas knapp ankam, war dies alles freilich nicht der erste Eindruck. Der war vielmehr bestimmt durch die erstaunlich große Anzahl von Bundesbrüdern, die sich - meist mit ihren Frauen und teilweise auch mit anderen Angehörigen - bereits eingefunden hatten. Ihre Zahl wuchs schließlich auf etwa vierzig an, wobei es eine besondere Freude war, dass neben den Gauen Passau und Donau Naab auch der Gau München vertreten war, und zwar sehr prominent: der Philistersenior und sein Stellvertreter gaben uns die Ehre ihrer Anwesenheit. Und Bb. Ludwig Felber war mit seiner Gattin sogar aus dem fernen Piding herbeigeeilt.
Nach der Kirchenbesichtigung unter der freundlichen und kundigen Führung von Ortspfarrer Josef Ederer ging es zum Ort des geselligen Beisammenseins: Nach einer windungsreichen Autofahrt erreichte man den weiter nördlich und ziemlich hoch gelegenen Berggasthof Zottling. Das leicht diesige Wetter beeinträchtigte hier zwar die sonst sehr lohnende Aussicht, doch befriedigten räumliche Verhältnisse und Angebot des Lokals umso mehr, weswegen ein Bundesbruder fragte, woher man denn gewusst habe, dass es hier „mitten in der Prärie" etwas so Gutes gibt...
Bb. Franz Salzinger