Gau Passau
Dieser Artikel ist erschienen im Rhaeten-Herold Nr. 576-S. 10
Passauer Rhaeten besuchen das Geburtshaus der Waldkirchener Dichterin Emerenz Meier
Am Vormittag des 26. April 2015, einem strahlenden Frühlingssamstag, trafen sich 18 Passauer Rhaeten in Schiefweg, Gemeinde Waldkirchen zum ersten Gautag des Jahres, um zusammen das zu einem Museum umgestaltete Geburtshaus der Dichterin Emerenz Meier zu besichtigen.
Neben Lena Christ gilt sie als die bedeutendste bayerische Volksdichterin. 1874 in Schiefweg geboren verfasste sie schon als - sehr gute - Schülerin kleine Geschichten und Gedichte. Sie beschrieb den Alltag der kleinen Leute, den sie aus eigener Anschauung sehr gut kannte, lebte und arbeitete sie doch auf dem elterlichen Bauernhof und half auch als Bedienung in der Wirtsstube.
„Born in Schiefweg“: Anhand des Schicksals von Emerenz Meier erzählt das Museum die Geschichte der Auswanderung aus dem Bayer - und Böhmerwald „ins Amerika“ im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert nach. Acht Themenräume im Obergeschoss des Geburtshauses haben uns Rhaeten das Heimweh der vielen Auswanderer, das vielfach durch die enttäuschte Hoffnung auf einen persönlichen wirtschaftlichen Aufschwung noch verstärkt. wurde, direkt körperlich spüren lassen. Über interaktive Installationen und einen Audioguide - als Sprecher konnten die bewährten Rundfunksprecher Ilse Neubauer und Wolf Euba gewonnen werden - wurde uns Besuchern die Not, die durch das rauhe Klima und die ungünstige Topographie der Siedlungsgebiete in 800 bis 1000 m Höhe für die oft kinderreiche Bevölkerung bestand, bewusst gemacht. Um der Trostlosigkeit und der ständigen Existenzangst zu entkommen, blieb oft nur die Auswanderung. Von Amerika erhofften sie sich eigene Farmen auf ertragreichen Böden, ein familiäres Lehen ohne Heiratsverbote und soziale Unterdrückung, kurz: wirtschaftlichen Erfolg und ein wesentlich besseres Leben daheim im Bayerischen Wald.
Emerenz Meiers Gedichte und Geschichten wurden anfangs gerne gelesen, auch der Dichter Haus Carossa schätzte sie und hielt über lange Zeit Kontakt zu ihr; sie galt als Naturtalent. Dann aber ließ das Interesse nach. Emerenz Meier betrieb kurzzeitig eine Wirtschaft an der Donaulände in Passau, dort, wo heute eine Bronzebüste ihr Wirken bezeugt. Schließlich zwang die wirtschaftliche Not sie, zusammen mit ihrer Mutter dem vorausgereisten Vater und den Schwestern nach Chicago zu folgen. Von dort schrieb sie zahlreiche Briefe voller Bitterkeit und Heimweh nach Hause, in den von ihr so geliebten Bayerischen Wald. lhr Tod am 28. Februar 1928 mit 53 Jahren war für die Schwerkranke eine Erlösung, aber auch das Ende aller optimistischen Hoffnungen auf eine neue Zukunft als Schriftstellerin.
Uns Rhaeten erging es wie vielen anderen Besuchern auch. Eine Stunde hatten wir den Museumsbesuch eingeplant aber viele von uns hatten sich nach dieser Zeítspanne noch keineswegs sattgesehen an all den Dokumenten und Filmen, die die Ausstellungsmacher anbieten. So versammelten wir uns zwar gerne nach zwei Stunden im Parterre des Hauses, im Wirtshaus „Zur Emerenz“, das uns mit hervorragender Küche stärkte und verwöhnte, das Museum hat uns aber Lust gemacht darauf, bei einem weiteren Besuch des Museums all die Eindrücke zu vertiefen.
Johanna Glas