Gau Passau
Dieser Artikel ist erschienen im Rhaeten-Herold Nr. 487/488-S. 15

Passauer Rhaeten gehen in die Schule

Gautag der Passauer Rhaeten am 8. April 2000 in Passau

Nein, in die Schule gehen die Passauer Bundesbrüder, die am Gautag vom 8. April teilnahmen, natürlich nicht mehr, und das gilt auch für die teilnehmenden Lehrer, die mit einer Ausnahme bereits den Pensionsstatus erreicht haben. Trotzdem konnten die meisten bei dieser Gelegenheit noch allerhand lernen und wünschten sich, dass noch mehr Bundesbrüder davon Gebrauch gemacht hätten.

Von welcher Gelegenheit ist die Rede? Nun, Gauobmann Bb. Robert Brummer bot als ehemaliger Anstaltsleiter die Möglichkeit, den Neubau der Passauer Berufsschule zu besichtigen, an dessen Entstehung er maßgeblichen Anteil hatte. jedem Besucher wurde dabei klar, dass es sich hier um eine besonders gelungene Sache handelt.

Der Bau nutzt zunächst die Gunst seiner Lage auf dem Höhenrücken zwischen Donau und Inn westlich der Passauer Innenstadt: Große Fensterflächen sorgen nicht nur für ungehinderten Lichteinfall, sondern eröffnen zugleich weite Ausblicke in die Passauer Landschaft.

Transparenz bestimmt aber nicht nur das Verhältnis des Neubaus zur Aussenwelt, sondern auch sein Inneres: Die Klassenzimmer sind von den Gängen aus voll einsehbar, ein Umstand, der freilich so hörte man zunächst einiges Unbehagen verursachte. Inzwischen findet er aber allgemeine Billigung, wie Bb. Brummer und sein früherer Kollege Josef Plankl, der die eigentliche Führung übernahm, versicherten. Nach dem gleichen Prinzip gibt es auch einen "gläsernen" Hausmeister, d. h. sein Präsenzraum im Foyer der Schule macht ihn nicht nur selbst ständig sichtbar, sondern. gewährt ihm auch ein hohes Maß an Überblick. Transparenz aber noch in einem anderen Sinn: Man hat darauf verzichtet, Versorgungsleitungen unter Putz zu legen. So sind sie nicht nur für Reinigung und Reparatur voll zugänglich, sondern fungieren auch als Anschauungsmaterial für die Schüler.

Das Stichwort "Schüler" ließ natürlich bei den Besuchern die Frage aufkommen, wie es mit den bekannten Problemen Disziplin, Drogen, Vandalismus an dieser Schule stehe. Bb. Brummer und Herr Plankl betonten übereinstimmend ihre Zufriedenheit in dieser Hinsicht und wiesen auf den hohen Grad von Identifikation hin, den die Schüler ihrer Schule entgegenbrächten. Diesen glaubte man angesichts der hervorragenden unterrichtsbezogenen Ausstattung und der architektonischen Qualitäten des Hauses gern: Funktionale Zweckmäßigkeit und ästhetische Gefälligkeit, stilistische Geschlossenheit und auf Einzelbedürfnisse abgestellte Differenzierung haben hier nahtlos zusammengefunden.

So hatte man auch das mit der Höhenlage gegebene unterschiedliche Geländeniveau sinnvoll genutzt: jede der drei vorhandenen Ebenen kann direkt angefahren werden, ein Vorteil nicht nur für Belieferung etc., sondern auch für Notfälle aller Art. Diese Ebenen werden selbstverständlich in der Weise zweckentsprechend verwendet, dass nicht unterkellerte Räume z. B. schweren Maschinen vorbehalten bleiben. Wenn man nun in der KfzAbteilung, die den Schwerpunkt der Führung bildete, nicht nur Einzelgerätschaften wie Motoren oder Modelle von Getriebe und Lenkung, sondern auch ganze Autos stehen sieht, so ist das nur ein Beispiel für den unerhörten Wandel, der sich gerade in den berufsbildenden Schulen in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat: Die Epochen, in denen auch hier im wesentlichen mit Tafel und Kreide unterrichtet wurde, sind längst graue Vorzeit; heute sind die unser Leben bestimmenden technischen Errungenschaften in der Schule mit aller Konkretheit präsent. Dabei sind, was eine Neuerung darstellt, die Voraussetzungen für eine enge Verbindung von Theorie und Praxis in der Weise geschaffen, dass Unterrichtsräume und Räume mit den entsprechenden wissenschaftlichtechnischen Einrichtungen entweder integriert oder unmittelbar benachbart sind, wodurch ein stark handlungsorientiertes Unterrichten möglich wird.

Während die aktuelle "Greencard"-Diskussion glauben machen könnte, Deutschland sei eine informationstechnische Wüste, gewann man bei der Führung durch diese Schule den Eindruck, dass hier mit einem Höchstmaß an technischem und persönlichem Einsatz an der Vermittlung der entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten gearbeitet wird, freilich unter erschwerten Bedingungen, weil die Schule über keine eigenen Systembetreuter verfügt und so die Lehrer die in diesem Zusammenhang anfallenden Leistungen selbst, und zwar mit geringer Stundenanrechnung, erbringen müssen. Im übrigen gibt es, so Bb. Brummer, an einer Berufsschule "keine Ruhe", denn ständig ist Anpassung an neue Entwicklungen erforderlich, was zugleich eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen den Lehrern nötig macht.

Der eigentlichen Vorstellung der Schule im Rahmen eines Rundgangs hatte der Gauobmann einige Informationen über Vorgeschichte und Entstehung des Neubaus vorausgeschickt. Hier sei hervorgehoben, dass eine Entscheidung zwischen einer Erweiterung der bestehenden, zu eng gewordenen Anlage und einem Neubau zu treffen war. Diese fiel im Jahr 1991 zugunsten des letzteren, beruhend auf einem gedeihlichen Zusammenwirken von Stadt und Landkreis: Die Kommune stellte das ausgezeichnete Grundstück zu günstigen Bedingungen bereit und der Landkreis bewies durch den übernommenen Finanzierungsanteil wieder einmal seine ihm von Bb. Brummer generell zugesprochene Schulfreundlichkeit. Ein Glücksfall war auch die mit dem Bau beauftragte Firma Brennecke, deren Leiter und Mitarbeiter sich durch Unterrichtsbesuche ein Bild von den pädagogischen Erfordernissen machten und die Ergebnisse in gelungener Weise umsetzen.

Als man nach Besichtigung der umfangreichen Kraftfahrzeugabteilung auch noch interessante Einblicke in den Friseurbereich und das Kosmetikstudio sowie in die Metzgerei getan hatte, waren Zeit und Appetit so weit fortgeschritten, dass man sich in das Hotel Dreiflüssehof begab und diesen informativen Gautag mit einem gemütlichen Imbiss beschloss. Dabei benutzte der Obmann die Gelegenheit, eine seit längerer Zeit fällige Ehrung vorzunehmen, nämlich die Verleihung des Goldenen Ehrenbandes an Bb. Dr. Walter König, verbunden mit einem schönen Blumenstrauß für seine Gattin.

Bb. Franz Salzinger