Gau Passau
Dieser Artikel ist erschienen im Rhaeten-Herold Nr. 501-S. 7

Eine Begegnung der besonderen Art

Gautag der Passauer Rhaeten am 21. Sept. 2002 in Zwieslerwaldhaus

Eine Begegnung der besonderen Art war es, was Rhaeten aus dem Gau Passau und aus Nachbargauen am 21. September 2002 erlebten. Eine Begegnung der besonderen Art soll die besuchte Einrichtung aber vor allem jungen Menschen bieten.

Wieder einmal war es Bb. Günter Albrecht, der als Leiter des Landbauamts Passau den Bundesbrüdern eine besonders interessante Besichtigungsmöglichkeit vermittelte. Es war das „Wildniscamp am Falkenstein", in Zwieslerwaldhaus, nördlich von Zwiesel und unweit der tschechischen Grenze, gelegen.

Hier entstand und entsteht auf Initiative und unter der Ägide der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald eine Anlage, die jungen Menschen unmittelbares Naturleben und erfahrungsgestütztes Naturwissen vermitteln soll, d.h. - so der Prospekt der Einrichtung - sie sollen lernen, „die Natur in ihrer eigendynamischen Entwicklung und ihrem Eigenwert zu respektieren".

Auf einer geräumigen Lichtung und im angrenzenden Wald verteilen sich sechs kleinere Bauten, sog. „Themenhütten", die auf den ersten Blick auch als kleines Freilichtmuseum avantgardistischer Bauformen durchgehen könnten. Formgebung, unterschiedliche Holzverarbeitung und technischer Einfallsreichtum stellen tatsächlich einen beträchtlichen Teilwert der Anlage dar, aber der eigentliche Zweck ist natürlich ein anderer:

Gruppen von jungen Menschen halten sich in diesen „Hütten" zwischen Mai und Oktober in der Regel eine Woche („Wildniswoche") auf, verteilen sich auf die einzelnen Bauten und leben in möglichst ursprünglicher Form, d.h. unter Verzicht auf zivilisatorische Feinheiten wie Stromversorgung und fließendes Wasser und nur mit dem notwendigen Minimum an Bequemlichkeit. Wie schon gesagt, sollen dabei unmittelbare Begegnung und themenzentriertes Arbeiten ein vertieftes Verständnis für unterschiedliche Naturphänomene wecken. Diese Unterschiede zeigen sich schon in den Bezeichnungen der einzelnen „Themenhütten": Es gibt ein „Waldzelt" und eine „Wasserhütte", ein „Baum-" und ein „Lichthaus" (dieses ist erst im Entstehen begriffen), ein „Wiesenbett" und eine „Erdhöhle", wo die Teilnehmer „unmittelbar mit allen Sinnen die dort herrschenden Bedingungen, z.B. Temperatur, Gerüche, Geräusche" (Prospekt) erfahren.

Als architektonischer und administrativer Schwerpunkt kommt ein Zentralgebäude hinzu, in dem sich z.B. Selbstversorgerküche, Speiseraum, sanitäre Anlagen und Unterkünfte für Gruppenleiter befinden. Hinzu kommen ein Zeltplatz mit Sommerküche und Waschtrakt. Das Zentralgebäude umfasst auch ein Sammellager, in das die jungen Leute bei Eintreten extremer Witterungsverhältnisse aus den „Themenhütten" zurückgenommen werden können und das auch im Winter benutzbar ist.

Als Führer durch die Einrichtung fungierte ihr technischer Leiter, Herr Manfred Letsch, der ein Höchstmaß an Identifikation mit „seinem" Werk ausstrahlte und immer wieder dessen ausgezeichnete - auch internationale - Akzeptanz betonte. Gleichwohl hob er hervor, dass die Entstehung der Anlage ein fortwährender Lernprozess sei, da man angesichts der gänzlichen Neuartigkeit des Projekts immer wieder auch auf unvorhergesehene Probleme reagieren müsse. Es gilt z.B., bei aller Naturnähe gesundheitlichen Schädigungen, bedingt etwa durch Kälte oder Feuchtigkeit, vorzubeugen und den bestehenden Sicherheitsvorgaben zu genügen. Das lebhafte Interesse der Besucher konzentrierte sich aber nicht zuletzt auf pädagogische Fragen vor allem der Beaufsichtigung und Betreuung; etwa: Kann man eine jeweils kleine Gruppe (sechs Personen) von jungen Leuten über Nacht in den „Themenhütten" sich selbst überlassen (die jeweiligen Verantwortlichen, Lehrkräfte u.a., sind ja im Zentralgebäude untergebracht)? Herr Letsch antwortete, die bisherigen Erfahrungen gingen dahin, dass die besondere Existenzform, der die jungen Leute in der Zeit ihres Aufenthalts unterlägen, wohltuende Wirkungen hat und diesbezüglich Probleme bisher nicht auftreten ließ.

Eine besonders erfreuliche, auch durch die geographische Situation nahe gelegte Zielsetzung der Anlage besteht darin, dass man im Rahmen deutsch-tschechischer Jugendfreizeiten Jugendliche von beiderseits der Grenze zu Gemeinschaft und gemeinsamen Erleben führen will. Mit einer kurzen Besichtigung des Zentralgebäudes endete die Besichtigung, die auch noch zusätzlichen Gesprächstoff für die gemütliche Runde lieferte, zu der sich die Gautagsteilnehmer anschließend im „Historischen Gasthaus und Ferienhotel Zwieseler Waldhaus" trafen. Der Gauobmann äußerte sich dabei erfreut über die - angesichts der relativen Abgelegenheit des Ortes - hohe Teilnehmerzahl, nicht zuletzt bedingt durch die Anwesenheit von Bundesbrüdern aus anderen Gauen (Bb. Ernst Härtl mit Frau, Bb. Dr. Helmut Liebl mit Frau und Bb. Martin Spitzer mit Frau).

Das Wildniscamp, aber auch das Gasthaus sei Interessierten für einen Besuch nachdrücklich empfohlen!

Bb. Franz Salzinger